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2022 Derrick S. Brusarino

Ich kam als jüngstes Kind einer zehnköpfigen Familie am 12. Februar 1992 in den Slums von Kisenyi in der Stadt Kampala zur Welt. Meine Kindheit war geprägt von Armut, Vernachlässigung und dass es in der Familie nie genug zu essen gab für alle.

Das war auch der Grund, warum ich im Alter von 8 Jahren in das Dorf meiner Familie gebracht wurde, da die Versorung aller nicht mehr möglich war. Für mich war dieser Moment herzzerreißend, da ich bei meiner Familie, meinen Geschwistern, in Kampala bleiben wollte. Aber diese Entscheidung war getroffen worden und ich konnte nichts dagegen unternehmen.
Langsam verlor ich meine Familie aus den Augen, wir zerstreuten uns immer mehr und ich hatte das Gefühl, komplett alleine und verlassen zu sein auf dieser Welt. Im Dorf ging ich auch nicht zur Schule.

Zwei Jahre später, ich war inzwischen 10 Jahre alt, passierte etwas, worauf ich nicht mehr zu hoffen gewagt hatte. Ich wurde von meiner Familie zurückgeholt nach Kampala. Durch meinen Onkel bekam ich die Möglichkeit, die Grundschule zu besuchen und wieder bei meinen Geschwistern sein zu können, zumindest bei einigen.
Zu fünft lebten wir nun in einem sehr kleinen Raum. Mein Vater war gestorben, die älteren Geschwister weg.

Mit der Zeit wurde die Situation und die Lebensumstände immer schwieriger. Ich landete auf der Straße und hatte keine Hoffnung mehr, die Schule fortsetzen zu können, da mein Onkel seinen Job verloren hatte und mich nicht mehr unterstützen konnte. 
In Nabulagala (Kampala) wurde ich von einer lokalen Organisation von der Straße aufgelesen und blieb 1 Jahr in deren Obhut. Doch auch dieser Hoffnungsschimmer war nur von kurzer Dauer, nach einem Jahr bereits hatte sich diese Organisation wieder aufgelöst. Ich landete abermals auf der Straße. Viele meiner Freunde starben an Malaria oder sie gerieten in Schlägereien, da sie sich kriminellen Organisationen angeschlossen und zu stehlen begonnen hatten. Andere wiederum verschwanden einfach, ich habe sie nie wieder gesehen. 

Ich hatte große Angst, vor dem Leben, vor der Zukunft, vor allem. Daher beschloss ich, mich einigen Jungs anzuschließen, die ins Ghetto kamen, um uns in Tanz zu unterrichten. Ihr Ziel war es, Breakdance für den Frieden und den positiven sozialen Wandel unter der Schirmherrschaft von USAID zu unterrichten. Ich war davon begeistert und wollte unbedingt Teil dieser Gruppe werden.
Die besten Performer wurden zu Wettbewerben in Europa eingeladen. Leider bekam ich diese Möglichkeit nicht. Aber ich schloss mich der Hip-Hop-Organisation am National Theatre in Kampala an. Sie boten mir Schutz und ich konnte ihnen zeigen, was ich bei den Streetdance-Workshops gelernt hatte.
Das National Theatre war eine gute Gelegenheit für mich, ich fand neue Freunde, ich traf Touristen und ich bekam einen Sponsor, der es mir ermöglichte, meine Schulbildung fortzuführen. Dieser Sponsor aus den USA versprach mir, meine Schulausbildung bis zur Senior 4 zu finanzieren und besorgte mir einen Mentor, mit dem ich in regelmäßigem Austausch über E-mail und Skype stand. Dazu nutzte ich öffentliche Internet-Cafés, da wir in der Organisation keinen Computer hatten. Dieser Mentor bestärkte mich darin, mit meinen Tanz- und Computerkursen fortzufahren.    

 

Nachdem ich die Senior 4 abgeschlossen hatte, musste ich mich als Volonteer bei verschiedenen Organisationen engagieren. 
Das waren u.a. LIP-AH Uganda und Smiling Child Ministries. 
LIP-AH Uganda ist eine Organisation, die sich stark auf die Sensibilisierung der Jugend und die Schaffung eines Bewusstseins für die Gefahren  von HIV und AIDS konzentriert. Diese Organisation hatte ca. 200 Jugendliche in ihrer Obhut, die meisten von ihnen wurden bereits mit HIV / AIDS geboren. Es spielte eine große Rolle für mich, mich über diese Krankheit und wie man sie vermeidet, zu informieren. 
Smiling Child war eine christliche Organisation, deren Aufgabe es war, Jugendliche in Uganda über das Christentum zu informieren. Hier engagierte ich mich in der Betreuung von Jugendlichen, die von der Organisation gesponsert wurden. 

Später trat ich AGYA (Amagezi Gemaanyi Youth Assoziation) bei. Diese Organisation half mir sehr dabei, Führungsqualitäten zu entwickeln und mich kreativ auszudrücken. Dies war mir besonders durch den Kontakt mit Volonteers der USC (University of Southern California) möglich. Mit und durch diese Studenten habe ich vieles gelernt. Vor allem aber bekam ich durch diese Kontakte die Möglichkeit, die Senior 6 abzuschließen und somit die Hochschulreife zu erlangen, was mir dann auch mein anschließendes Studium ermöglichte.
Während meiner Zeit in dieser Organisation habe ich weiter Kinder und Jugendliche in Tanz unterrichtet und an Kunstprogrammen teilgenommen. Mir wurde die Leitung "Organisation Entertainment" übertragen und ich lernte, mich mit ähnlichen Organisationen zu vernetzen.

 

Damit war der Grundstein für meine ernsthafte ehrenamtliche Tätigkeit für Organisationen gelegt. Ich engagierte mich in Tanzprojekten, Workshops, Waisenhäusern, Kirchen, Schulen. Durch diese Workshops und die Freiwilligenarbeit kam ich mit einer Tanzgruppe in Kontakt, mit der ich durch verschiedene Länder Afrikas gereist bin. Viele Jahre habe ich mich bei diesen Organisationen und Tanzgruppen engagiert, ich habe dadurch viele Menschen getroffen und Freunde gefunden, mich an kirchlichen Programmen beteiligt, die mir dann auch versprochen haben, mir meine weitere Ausbildung, das Studium zu finanzieren.  
 

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